
Jedes Gemälde hat seinen Ursprung in der Natur
In den atmosphärischen Wäldern meiner fränkischen Heimat bei Nürnberg umgibt mich eine wahre Fülle an Inspiration. Aufmerksam und ganz im Hier und Jetzt nehme ich die Waldatmosphäre mit allen Sinnen wahr. Halte die flüchtigen Eindrücke mit meiner Kamera fest, um sie später im Atelier erneut abzurufen.
Mein Atelier ist mein Safe Space. Hier kreiere ich, mache Fehler, male weiter
Zurück im Kunstatelier binde ich meine farbenbeschmierte Malschürze um und bereite mich darauf vor, in den Malprozess einzutauchen. Mit Musik auf den Ohren und Malspachtel in der Hand öffne ich eine Handvoll Farbtuben. Der dezente Duft feinster Acrylfarbe steigt in meine Nase, unter der aufmerksamen Beobachtung meiner Atelierkatzen Xena und Meister Quitte.

In den nächsten Minuten versammeln sich die schönsten Grüntöne in warmen und kalten Nuancen auf meiner Farbpalette. Dann wird es spannend. Ich stelle die weiß grundierte Leinwand auf die Staffelei. Sie ist ein unbeschriebenes Blatt, ein Ort voller Möglichkeiten. Ich spüre die gewebte Textur unter meinen Fingerspitzen. Eine raue Oberfläche, die mich herausfordert.

Mit einem feinen Aquarellstift skizziere ich grob die Komposition, die das Bild einleitet. Dann setze ich den ersten Pinselstrich. Er ist wie ein Befreiungsschlag. In den nächsten Stunden wird der Pinsel zu einer Verlängerung meiner Gedanken. Die leuchtenden Farben flüstern Geschichten, erst leise und kaum hörbar, dann lauter und deutlicher. Ein lebendiges Farbgeflecht entsteht, während die blanke Leinwand nach und nach verschwindet. Viele dieser ersten Pinselstriche werden im fertigen Werk nicht mehr zu sehen sein. Doch die Malerei lebt davon, Schritt für Schritt, Farbschicht für Farbschicht aufgebaut zu werden.

Zwischendurch recke und strecke ich mich, spiele mit den Katzen, singe meinen Lieblingssong
Dankbar lege ich eine kurze Pause ein. Meine Katzen tänzeln um meine Beine und verzaubern mich mit ihrer verspielten Art. Wollen bespaßt und umschmust werden. Dann geht es weiter. Stunde um Stunde füllt sich die Leinwand mit organischen Formen, ein flirrendes Spiel aus Licht und Schatten. Gefolgt von einem weiteren Moment des Innehaltens. Ich stelle die Leinwand beiseite, um am nächsten Morgen mit frischem Blick und neuer Energie weiterzuarbeiten. Die Kunst braucht Zeit, sie darf langsam und ohne Hektik entstehen.

Es ist aufregend, wie ein Gemälde entsteht, wie es sich verändert
Am nächsten Tag wird das Malen zur Gefühlsachterbahn. Ich stehe frustriert vor der Leinwand, bin unzufrieden mit dem Zwischenergebnis. Finde Fehler, übermale ganze Bildteile, arbeite mich Schritt für Schritt weiter vorwärts. Das musste ich als Künstlerin erst schmerzlich lernen: Dass ich ein Bild manchmal erst finden muss. Oder es findet mich. Oder es ist eine Einbahnstraße, ohne Sinn und Verstand, und wird weiß übermalt.
Zwei weitere Tage vergehen
Ich bin motiviert und euphorisch, denn ich sehe langsam Licht am Ende des Tunnels. Dann ist er auf einmal da, der magische Moment, in dem ich ahne, das Bild ist fertig. Ich trete einen Schritt zurück. Kann es zuerst kaum glauben. Es folgt ein letzter Hauch, eine feine Nuance, die das Bild vollendet. Dann ist es getan. Kein weiterer Pinselstrich ist nötig. Erleichtert und stolz wasche ich die letzten Farbreste aus dem Pinsel, reinige meine Farbpalette, entferne das kreative Chaos, das sich in den letzten, arbeitsintensiven Tagen im Atelier ausgebreitet hat.

Dann bringe ich das Gemälde zurück zu dem Ort, an dem alles begann
Es taucht ein in eine Welt voller Grün, voller Leben, wird eins mit der Natur. Es verschmilzt mit dem Rauschen des Windes, den leuchtenden Farben des Waldes, dem Duft von Moos, Harz und Erde. Ich stehe eine Zeit lang einfach nur da und bin mit purem Glück erfüllt. Jetzt ist meine Arbeit getan und das Kunstwerk ist bereit, ein neues Zuhause zu finden. Damit seine Geschichte, die im Wald begann, nun anderswo weitererzählt wird.
